III: Das Kleid zum Verlag - Kleider aus Papier, inspiriert von früheren und gegenwärtigen Verlagssignets.
Der Stoff: Papier
Geschneidert wird mit Tyvek, einem waschbaren Papiermaterial, das sich durch seine extrem leichte und feste Textur als idealer Stoff für modische Extravaganzen erweist.
Performance
"... Überzeugend weil überraschend war die Kollektion tragbarer Papierkunst, mutige Entwürfe, schrille Kleider aus Papier",
schrieb die regionale Presse zur Eröffnungsperformance der Aachener "quasi moda" 1999. Die Aachener Kunst- und Modeperformance sowie Karin Genrich, die Unternehmerin des Jahres 2001, holten die Gewänder ins Rampenlicht.
Verlage ziehen Leser an. Sie kleiden sie geistig neu ein.
Jeder Buchladen, jedes Antiquariat eine Fundgrube für Modedesigner durch ihre Signets.
Nach dem Vorbild von sechs willkürlich herausgesuchten Verlagssignets hat Frederike Frei Papierkleider entworfen und herstellen lassen. Papierstoff, genannt Tyvek, kommt aus den USA, ist wasch-, aber nicht bügelbar, in verschiedenen Stärken vorhanden.
Anfragen gibt es von Stadtbüchereien u.ä., ob Jugendliche eine Zeitlang in den schon hergestellten Tyvek-Kreationen umherwandeln dürften, während sie einen Vortrag über die dazugehörigen gegenwärtigen oder vergangenen Verlage hält. Eine Schülerin, die z. B. im Etuikleid, dem Doppelbalken des Europa-Verlags nachempfunden, umherstreift, interessiert sich doch ganz anders für die Erzeugnisse dieses Verlags. Und wer sich in Verlagen auskennt, kennt schon die halben Bücher. Auf diese Weise kommen auch alte vergessene Verlage wieder zu optischen Ehren und klugen Nachfragen.
Als Moderatorin kündigt sie z.B. an: "Hera-Verlag" (mit dem Zeichen eines Pfaus). Es tritt auf ein Model in merkwürdig zipfeligem Hänger, ("es muss auch solche Verlage geben") dann greift dies hässliche Entlein in zwei an der Hüfte herabhängende Rockteile und schlägt damit das Rad in gefälteltem reinem Papierstoffweiß, dreht sich, steht da als Höhepunkt der Show, so dass die Leute spontan applaudieren und unbedingt ein Buch dieses Verlags suchen, den es nicht mehr gibt.
Die Drehbuchautorin Diablo Cody wurde in Hollywood bei der Vergabe der Oscars bedacht. Ihr Kleid stand fast mehr im Mittelpunkt der Berichte als ihr Drehbuch. Welch ein sinnvolleres Aufsehen hätte es erregt, wenn es bei der Nennung ihres Namens dies ‚Vorher/Nachher’ entfaltet hätte und wie viel spannender wäre es gewesen, wenn dieses Kleid auch inhaltlich Bezug genommen hätte auf ihr Drehbuch in einer Art Corporate design.
Der Preis
Zur Buchpreisbindung die Buchpreisüberwindung.
Nicht mehr auf den mühsamen Verkauf eines jeweils einzelnen Buches wären Autoren angewiesen, sondern bei jeder neuen Kleiderkollektion erwartet alle gleich eine neue Auflage. Nur solche Verkaufsmengen ernähren die Belletristiker und fördern zugleich die Produktion von Kunst.
"quasi moda" in Aachen, 1999
alle Bilder unten: Modenschau von Karin Genrich mit Frederike Freis Papierkleidern in Potsdam 2001
22. März 2015: Privatfotos von "Text & Textil", der Modenschau im Rahmen der Messe "Femme 5" im Bonner Frauenmuseum zu den Papierkleidern.
Bisherige Presse zu Literaturmode und Papierkleidern:
Rosi Wissmann, AACHENER ZEITUNG, 20.11.1999:
Schrille Kleider aus Papier, futuristische Outfits
aus Metall und extravaganten Kopfschmuck präsentiert
derzeit die achte Mode-Performance "Quasi
Moda" im Aachener Ludwig-Forum. Die Show
aus tragbarer Kunst experimenteller Mode läuft
noch bis morgen. Das Recht zur ewigen Transformation
und feine Schichten der Vervollkommnung wurden
dort ästhetisch in Szene gesetzt. Ebenfalls
überzeugend, weil überraschend, war
die Kollektion tragbarer Papierkunst.
Projekt "TEXTil -Mode der Zukunft" - so heißt eine von der Stiftung
Künstlerdorf Schöppingen initiierte
Modenschau der besonderen Art, die sich mit Entwürfen
und Visionen zu Textilien und Moden der Zukunft
auseinandersetzt.
Im Mittelpunkt stehen Möglichkeiten
formaler und inhaltlicher Art, die die Mode als
innovates und trendzentriertes Medium zu bieten
hat: Ausgefallene Materialien, spezielle Schnitte
und überraschende Kombinationen von Ideen,
pointiert mit Accessoires in ungewöhnlicher
Zusammenstellung.
Die Mode wird in dieser Schau
und Ausstellung inszeniert als Träger von
Signaturen und Signalen einer Zukunft zwischen
Lifestyle, Form-Ekstase, Bedeutungserweiterung
und technologischer Körperfolie.
Die Schnitte reichen in ihrer futuristischen Formensprache
von provokanten Körpersilhouetten über
Kleidungskombinationen im Zwillings-Look bis zu
meditativen Gewändern, deren Stoffe die Trägerin
eher traumgleich und skizzenhaft umspielen.
Mit ihren Entwürfen an dem
Projekt "TEXTil - Mode der Zukunft"
haben mitgearbeitet:
Helma Trunkschke (Textildesignerin, Bielefeld),
Ele Klein (atelier Klein, Berlin), Frederike Frei
(Autorin, Potsdam) in Zusammenarbeit mit dem Atelier
"Literatur macht Mode", Ramona Christophel und
Karin Pfannenschmidt.
Es geht um Literatur und Mode
auf zwei Ebenen (das materielle Buch als realer
Bestand der Kleidung und der Inhalt des Buches
als Symbolträger der Kleidung - bezogen auf
die Zukunft.
START: 4.
Oktober 2001 um 20 Uhr mit einer Future-Modenschau in der Stiftung Künstlerdorf
Schöppingen, in der ein großer Teil
der entworfenen Kleider auf dem Laufsteg vorgeführt
werden. Anschließend werden die Kleider
zusammen mit den Entwurfsmappen aus den Ateliers
der Designerinnen für drei Wochen im Künstlerdorf
Schöppingen zu sehen sein. Zweite Station
wird dann ebenfalls mit einer Future-Modenschau
und anschließender Präsentation der
Exponate das Textilmuseum- Industriemuseum der
Stadt Bocholt sein.
Ronald Glomb, Berliner Morgenpost, 19. April 2001:
Die Lyrikerin Frederike Frei sprüht vor Ideen.
Sie entwirft jetzt Mode.
Potsdam. So umtriebig wie Frederike Frei sind
wohl nur wenige Schriftstellerinnen. Die Hamburgerin,
die seit vier Jahren in Potsdam lebt, hat mit
ihrem kleinsten 'BaUCHLADEN' der Welt auf der
Frankfurter Buchmesse handschriftlich ihre Gedichte
verkauft. Das Stück zu einer Mark. "Davon
habe ich gelebt", sagt Frederike Frei. Was
im Jahre 1976 für viel Wirbel im Blätterwald
sorgte. Heute noch wird sie darauf angesprochen.
"Ich war die erste, die sich hinter ihre
Gedichte stellte." Zug um Zug ist es weitergegangen.
Die Autorin hat ein Literaturpostamt gegründet
- "das war die nächste Lawine",
erinnert sie sich -, Textschaukästen erfunden
und ein viertägiges 'Festival zum Tod' ins
Leben gerufen. "Und dann bin ich hierhergezogen."
Sie wollte Abstand von Hamburg gewinnen und zog
mit ihrem Lebenspartner zusammen. (...) Das Feuerwerk
an Ideen ist der Dichterin nicht ausgegangen.
Sprühende Gedanken werden zu Papier gebracht
(...) Die Autorin ist unter die Modemacherinnen
gegangen. Mode und Literatur, Text und Textil
werden eins, wenn Frederike Frei ihre Kleider
designt. "Zuerst war es nur eine ironische
Geschichte", erzählt sie, "jetzt
überlege ich, eine eigene Firma zu gründen."
Die Vorlage für die fantasievollen Entwürfe
liefern Verlagssignets. "Bei der Label-vernarrten
Jugend wundert es, daß die Verlagssignets
noch nicht entdeckt wurden."
Sechs Kleider hat sie inzwischen kreiert, darunter
auch ein weißes, futuristisch anmutendes
Kleid, das das Verlagszeichen des auf Ethonologisches
spezialisierten Berliner Dietmar Reimer Verlag
zum Vorbild hat: die Palme.
"Die Mädchen stolzieren darin herum
auf dem Laufsteg, und dann erzähle ich ihnen
etwas von dem Verlag." Die Papierkleider
sind aus Tyvek. "Das ist ein Stoff aus den
USA", sagt Frederike Frei, "den man
waschen, aber nicht bügeln kann."
'Losgelebt' heißt ihre optimistische Devise.
'Losgelebt' ist auch der Titel ihres ersten 1977
erschienenen Gedichtbandes. Er hat bis heute viele
Auflagen erlebt.
Journal für die Frau Nr. 23/ 2001:
Warum Bücher nicht immer
bei sich tragen? Nach diesem Motto entwarf Autorin
Frederike Frei die Modekollektion, in der Text
und Textil eins werden. (Foto: u.) Textil - Mode
der Zukunft in Bocholt (31.10. - 25.11.2001)
Matthias Hassenpflug, POTSDAMER NEUESTE NACHRICHTEN, 26. April 2001:
Welches Buch ziehe ich an? Das
klingt zuerst nach einer recht verrückten
Frage, die Frederike Frei da beschäftigt.
Vielleicht 'Bonjour Tristesse' von Francoise Sagan,
das von den ewigen Entscheidungen im Leben handelt.
"Literatur ist Mode!" war das Ergebnis
von Freis Überlegungen, nachdem ihr die Korrespondenzen
zwischen Text und Textil, zwischen Buch und Tuch
aufgefallen waren. Die vor drei Jahren von Hamburg
nach Potsdam übergesiedelte Schriftstellerin
besitzt eine ganz spezielle Gabe, Dinge von zwei
Seiten zu sehen. Die eine ist beinahe schmerzhaft
naiv. Man lacht auf, denn Bücher kann man
nun einmal nicht anziehen. Aber wenn Frei ihren
Ansatz zu erläutern beginnt, dann wird ihr
eigentliches Interesse deutlich, Diese zweite
Seite ist gar nicht versponnen, sondern passt
gut in unsere Zeit, in der es zu den größten
Tugenden gehört, wenn man sein eigenes Start-Up
Unternehmen gründet ...
Das Stichwort war crossover-Literatur-Mode: "Darüber
habe ich nachgedacht, erst im ironischen Sinne,
und dann wollten die Leute das plötzlich
haben." (...) Sollte man Bücher nicht
immer bei sich tragen können? Sollte man
sich nicht genauso mit den Büchern identifizieren
können wie mit der Mode seines Lieblingsdesigners?
Ihre Idee war simpel: Text und Textil werden eins.
"Das Ich wird neu erfunden und offen ausgestellt,
sowohl in der Mode wie in der Literatur. Das verbindet
beide Bereiche", ist Frei sich sicher. So
ziehen Mittelstreifen einer Straße über
ihren Entwurf zu 'Bonjour Tristesse' (...) In
den sechs eleganten Kleidern, die von den Modedesignern
Ramona Christophel und Katrin Pfannenschmidt miterdacht
und umgesetzt wurden, befindet sich immer auch
ein Platz für die geliebte Lektüre.
"Einsteckbuch statt Einstecktuch" heißt
das Motto. Klingt ein bisschen wahnsinnig, aber
an der Sache ist etwas dran, "Literatur macht
Mode" wird Ende Oktober im Textilmuseum in
Bocholt, Münsterland, zu sehen sein.
Märkische Allgemeine, 17. Sept. 2007:
Die fantasievollen Kreationen von Frederike Frei
fanden durch die Präsentation von Models,
die auf dem "Catway" die zarten Papierkleider
bis zum Pfauenschlag brachten, viel Beifall.